Arbeitsrecht:Sperrzeit beim Arbeitslosengeld
Ein Arbeitnehmer, der vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeiführt, verhält sich nach § 144 Sozialgesetzbuch III versicherungswidrig und hat für einen gewissen Zeitraum (Sperrzeit) keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Hiervon erfasst werden die Fälle, in denen der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis selbst kündigt, einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet oder durch arbeitsvertragswidriges Verhalten dem Arbeitgeber Anlass gibt, eine Kündigung auszusprechen.
Jedoch ist in dieser Vorschrift auch geregelt, dass eine Sperrzeit nicht eintritt, wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für sein „versicherungswidriges“ Verhalten hat. Sind beispielsweise Umstände gegeben, die es dem Arbeitnehmer bei objektiver Betrachtung unzumutbar machen, am Vertragsverhältnis festzuhalten, so ist von einem wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses auszugehen. Kürzlich wurde vom Landessozialgericht Hessen entschieden, dass die Eigenkündigung eines Busfahrers wegen objektiver Überforderung durch die Arbeitsbedingungen (mangelnde Arbeitsorganisation beim Arbeitgeber, damit verbunden eine massive Einschränkung der Freizeitplanung des Arbeitnehmers, zögerliche Entgeltzahlung) sozialrechtlich folgenlos bleibt, da die unzumutbaren Arbeitsbedingungen einen wichtigen Grund für die Eigenkündigung darstellten (LSG Hessen, Urt. v. 18.06.2009, L 9 AL 129/08).
Auch beim Bestehen erheblicher Lohn- oder Gehaltsrückstände kann unter Umständen ein wichtiger Grund für die Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses gegeben sein. Schließlich wollen weder der Gesetzgeber noch die Bundesagentur für Arbeit den Arbeitnehmer zwingen, seine Arbeitskraft und damit seine Existenzgrundlage zu „verschenken“.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist selbst der Abschluss eines Aufhebungsvertrags beim späteren Bezug von Arbeitslosengeld folgenlos, wenn mit dem Aufhebungsvertrag eine sonst unweigerliche Kündigung durch den Arbeitgeber vermieden werden sollte, gegen die der Arbeitnehmer sich nicht erfolgreich hätte zur Wehr setzen können.
Immer dann, wenn das Gesetz so genannte unbestimmten Rechtsbegriffen wie z. B. den des wichtigen Grund verwendet, bedeutet dies im Ergebnis, dass eine pauschale und allgemeingültige Bewertung nicht möglich ist. Vielmehr ist bei der Beurteilung der Rechtslage eine strikte Einzelfallprüfung unter besonderer Berücksichtigung aller Umstände und der beiderseitigen Interessen vorzunehmen. Insoweit sollte günstigenfalls vor der Lösung des Arbeitsverhältnisses der Rat eines in arbeits- und sozialrechtlichen Fragen erfahrenen Rechtsanwalts eingeholt werden, um spätere Nachteile wenigstens weitestgehend zu vermeiden.